Heute geht es zum Offroad Training für Einsteiger. Der Offroad Reiseveranstalter TC-Offroad-Treckking bietet ein Offroad-Training „Kompakt“ an. Genau das richtige für mich.
Meine Erfahrung mit Geländewagen beschränkt sich auf den Einsatz auf der Straße. Unser Defender wurde von seinem Vorbesitzer nur auf befestigen Straßen eingesetzt. Der Ausflug ins Gelände ist somit für uns beide eine Premiere.
Insofern bin ich schon sehr gespannt.
Offroad Trainingsgelände
Das Training findet im Offroad Park Fursten Forest im beschaulichen Fürstenau statt.
Um 09.30 Uhr treffen wir uns in der Gasstätte im ehemaligen Offiziersheim direkt vor dem Haupttor zur ehemaligen Kaserne. Wir werden von Stefan begrüßt und können uns bei Kaffee und Brötchen bevor es los geht noch einmal stärken. Unsere Fahrzeuge werden von Andreas mit UKW Funkgeräten ausgerüstet. Beim Defender lässt sich die Antenne mit Magnetfuß prima auf der vorderen Stoßstange installieren.
Andreas verziert das Lenkrad in Geradeausstellung oben noch mit einem Streifen grünen Klebeband.
Im Konvoi fahren wir auf das Gelände. Nebeneinander parken wir unsere Gefährte. Die üblichen Typen an Geländewagen sind vertreten: Land Rover Defender, Jeep Wrangler, Jeep Cherokee, Nissan Pathfinder, Mercedes G Klasse und Iveco Massif
Aus Düsseldorf sind auch Nina und Sven mit ihrem Defender angereist. Gute Gelegenheit für einen Erfahrungsaustausch.
Einführung
Bevor es ins Gelände geht erfolgt ein Briefing durch Stefan. Die Rückspiegel werden so eingestellt, dass wir gut die Seiten des Fahrzeugs im Blick haben. Wichtig für das Rückwärts fahren bei engen Passagen. Alle losen Gegenstände werden in den Kofferraum verbannt. Die Geländereduktion wird eingelegt und Stefan empfiehlt uns im zweiten Gang anzufahren.
Sicherheit steht bei Stefan an erster Stelle. Er instruiert uns gewissenhaft. Es wird nur angeschnallt gefahren. Ziel ist die Beherrschung des Wagens zu jeder Zeit. Langsames und vorsichtiges Fahren hat oberste Priorität. Es ist stets das Lenkrad gut festzuhalten. Die Daumen sollen auf dem Lenkrad aufliegen dieses jedoch nicht umschließen. Bei einer abrupten Bewegung des Lenkrads könnten die Daumen in die Speichen geraten und schwer verletzt werden.
Bei Fragen und der geringsten Unsicherheit sollen wir Stefan jederzeit über Funk ansprechen.
Los geht’s
Wir folgen im Gänsemarsch Stefan ins Gelände. Nico bildet mit seiner G-Klasse die Nachhut.
Über Funk gibt uns Stefan die Fahranweisungen. Wir machen uns mit unseren Gefährten und den Waldwegen vertraut. Ab und zu schalte ich auch mal in den dritten oder sogar vierten Gang um den Anschluss nicht zu verlieren. Mehr als 30 Km/h sind es dank Geländereduktion nicht. Das reicht auch für den Anfang.
Bergpassage
Andreas fungiert bei dieser Passage als Einweiser. Gerade weil neben der Auffahrt auch noch zwischen eng stehenden Bäumen hindurch geht ist seine Hilfe sehr Willkommen.
Bergen eines Geländewagens
Stefan erläutert uns anschaulich mehrere Methoden einen Festgefahrenen Geländewagen wieder zu bergen.
Stefan erläutert zuerst den Einsatz einer Elektrowinsch. Beim Kauf empfiehlt uns Stefan auf entsprechende Qualität zu achten. TC-Offroad-Trekking rüstet die eigenen Fahrzeugen mit Warn Winschen aus. Unerlässlich ist in diesem Zusammenhang eine entsprechend stabile Windenstoßstange sowie die für den Einsatz einer Winde notwendige elektrische Installation. Sinnvoll sei ein Schalter um die Stromversorgung zur Winde im Notfall unterbrechen zu können.
Der Vorteil der Winde ist die Möglichkeit zur Selbsthilfe gerade für alleine Reisende ein nicht zu unterschätzender Aspekt.
Insgesamt ist mit Kosten zwischen 2000 und 3000 Euro bei hochwertigen Produkten zu rechnen.
Kunststoff oder Stahlseil
Bei TC-Offroad-Trekking kommen nur die robusten Stahlseile zum Einsatz. Die wesentliche Vorteile:
- Deutlich längere Lebensdauer
- Unempfindlich bei Einsatz im felsigen Gelände
- Längere Seile aufgrund kleinerem Durchmesser möglich
- Wärmeableitung durch das Stahlseil
Umlenkrolle
Die Zugkraft sollte immer in Längsrichtung am Fahrzeug ansetzen. Schräges oder seitliches ziehen stellt eine enorme Belastung für das Fahrzeug dar und es besteht ggf. die Gefahr des Umkippens. Eine Umlenkrolle ist deshalb in vielen Situationen notwendig um die entsprechende Krafteinleitung in Fahrzeug Längsrichtung zu gewährleisten. Stefan erläutert uns anschaulich wie wir die Umlenkrolle einsetzen.
Die Umlenkrolle kann auch als Untersetzung eingesetzt werden und somit die Zugkraft verdoppeln. Einfaches Beispiel: Das Windenseil wird durch die an einem Baum befestige Umlenkrolle zum Fahrzeug zurück geführt und an einer Bergeöse eingehakt.
Bergegurt
Der Bergegurt wird zum Ruck freien bergen eingesetzt. Der Bergegurt wird mit Metallschäkeln an den Bergeösen befestigt. Der Gurt kann auch zum Sichern eines Fahrzeugs gegen Umkippen eingesetzt werden.
Greifzug
Die Alternative zur Winde kann ein Greifzug sein. Ein Stahlseil wird über einen Transportmechanismus und entsprechend langem Hebelarm durch den Greifzug transportiert und kann somit zum bewegen schwerer Lasten eingesetzt werden.
Der Greifzug erfordert ein hohes Maß an körperlichem Einsatz. Die Anschaffungskosten liegen deutlich unter denen einer Elektrowinsch.
Es ist beim Betätigen unbedingt darauf zu achten den Hebel am Körper vorbei zu führen um diesen nicht bei Bruch des Materials ins Gesicht geschleudert zu bekommen.
Meine Haltung des Hebels ist somit nicht empfehlenswert. Stefan hat es uns vorher richtig gezeigt.
Kinetisches Seil
Ein kinetisches Seil zeichnet sich durch hohe Elastizität aus und speichert wie ein Gummiband Energie. Mittels dieser Energie können selbst Fahrzeuge die schwerer als das Zugfahrzeug sind geborgen werden.
Sicherheit beim Bergen
Beim Bergen eines Fahrzeugs im schweren Gelände treten in jedem Fall erhebliche Kräfte auf. Es besteht somit eine hohe Gefahr für Mensch und Material. Ein brechendes Seil kann zu schwersten Verletzten und nicht unerheblichen Beschädigungen an den Fahrzeugen führen.
Wichtige Maßnahmen:
- Sofern möglich den Widerstand reduzieren, z.B. Sand wegschaufeln, Fahrzeug anheben
- Nur Bergematerial mit entsprechender Bruchlast von namhaften Herstellern verwenden
- Nicht im Gefahrenbereich aufhalten
- Im Fahrzeug befindet sich nur der Fahrer
- Verständigungszeichen, z.B. für Abbruch vereinbaren
- Sicherung eines Stahlseils z.B. durch Umwickeln mit einem Bergegurt
Mittagessen
Jetzt ist erst einmal ausruhen angesagt. Bei einem leckeren Schnitzelbuffet erholten wir uns und lassen das gerade gelernte noch einmal durch den Kopf gehen.
Weiter geht’s
Wasserdurchfahrt
Stefan erläutert die Gefahren einer Wasserdurchfahrt für den Geländewagen. Die vom Hersteller angegebene Watttiefe darf auf keinen Fall überschritten werden. Beim Land Rover Defender gibt der Hersteller lediglich 50 Zentimeter an. Beim überschreiten der Watttiefe besteht die Gefahr eines kapitalen Motorschadens sobald Wasser in den Ansaugtrakt gelangt. Es kommt dann zum gefürchteten Wasserschlag. Wasser lässt sich anders als Luft nicht komprimieren und der Kolben eines Verbrennungsmotors wird bei seiner Aufwärtsbewegung durch das in den Verbrennungsraum angesaugte Wasser abruft gestoppt. Die Folge ist mindestens ein verbogenes Pleuel. Der gesamte Motor muss in solch einem Fall zerlegt und aufwändig instand gesetzt werden. Je nach Laufleistung ist in solch einem Fall ggf. auch eine neue Maschine fällig.
Getriebe und Achsdifferentiale sind ebenfalls nicht für den Einsatz als U-Boot geeignet. In die Getriebebelüftung eindringendes Wasser führt zu erhöhtem Verschleiß bzw. bei einem Automatikgetriebe nach kurzer Zeit zu einem massiven Ausfall.
Auch die Tankentlüftung darf nicht unter Wasser geraten. Dort eindringendes Wasser wird sehr schnell zu Motoraussetzern oder einem völligen Absterben des Motors führen. Eine aufwendige Reinigung des gesamt Kraftstoffsystem und Einspritzanlage ist die Folge.
Bei allen modernen Geländewagen ist zu guter Letzt noch die Elektronik anzuführen. Beim Defender befindet sich die Motorelektronik unter dem Beifahrersitz. Sollte Wasser in das Fahrzeug eindringen und z.B. die Wegfahrsperre überspült werden ist an Weiterfahrt nicht mehr zu denken. Im besten Fall sind alle Komponenten sorgfältig zu trocknen und funktionieren anschließend wieder.
Watttiefe erhöhen
Folgende Maßnahmen sind notwendig um die Watttiefe zu erhöhen:
- Hochgelegter Ansaugschnorchel / Safarischnorchel
Der fachgerechte und absolut Luftdichte Einbau ist notwendig - Schläuche für die Getriebe und Achsebelüftungen
- Tankentlüftung hochlegen
- Abdichtung der Motorelektronik
Jetzt geht es wieder ins Gelände
Im Konvoi fahren wir wieder durchs Gelände zur Sandkuhle. Hier ist ordentlich was los.
Stefan möchte mit uns noch eine anspruchsvolle Situation erarbeiten. Anschließend sollen wir selbstständig verschiedene Situation üben.
Am Berghang hängen geblieben
Die Situation wird sicherlich jedem Geländewagenfahrer irgend wann einmal in der Praxis treffen. Eine Steile Anfahrt wird nicht bewältigt. Evtl. drehen die Räder durch, der Motor stirbt ab oder ähnliches.
Jetzt ist der kontrollierte Rückweg angesagt. Ein Wenden am steilen Berghang darf auf keinen Fall in Erwägung gezogen werden. Das Fahrzeug würde mit hoher Wahrscheinlichkeit umkippen.
Stefan gibt mir das Zeichen den Berghang bis zu ihm hochzufahren und dann anzuhalten. Nun bekomme ich konkrete Anweisungen:
- Eine Hand immer am Lenkrad
- Motor aus
- Fuß auf der Bremse
- Kupplung treten und Rückwärtsgang einlegen
- Fuß von der Bremse
- Beide Füße auf das Bodenblech
- Lenkrad in Geradeausrichtung und gut festhalten, nicht lenken
Stefan tritt einen Schritt zurück und gibt mir das Zeichen den Motor zu starten. Die Maschine springt sofort an und Dank Geländeuntersetzung geht es ganz langsam rückwärts den gerade genommenen Weg wieder zurück. Es klappt bestens auch wenn es mich einiges an Überwindung gekostet hat. Ich bin begeistert.
Freies Üben in der Sandgrube
Jetzt gilt es das Erlernte in der Praxis selbstständig anzuwenden und Sicherheit zu gewinnen. Nach den ersten vorsichtigen Passagen werde ich mutiger und nehme mir auch schwierigere Passagen vor. Auch eine Schlammdurchfahrt ist dabei. Danach sind der Landy dann auch entsprechend appetitlich aus.
Auf dem Rückweg üben wir noch mal in einem Waldgebiet das Durchfahren enger Passagen. Anschließend folgen wir Stefan.
Er bietet uns an kurz vor verlassen des Offroad Geländes durch ein größeres Schlammloch zu fahren. Wir dürfen, müssen aber nicht.
Stefan nimmt Anlauf und bleibt Stecken. Es geht weder vor und zurück. Sein Landy ist an der Hinterachse sogar mit einer 100% Sperre ausgestattet. Keine Chance aus eigener Kraft wieder herauszukommen. Wir fahren alle um das Schlammloch herum. Keiner hat offensichtlich Interesse es auch zu versuchen.
Nico setzt sich mit seiner G-Klasse vor Stefans Landy. Jetzt kommt das kinetische Seil zum Einsatz. Die beiden Fahrzeuge werden verbunden und die Lose in Buchten gelegt. Nico beschleunigt sein Fahrzeug vorsichtig. Es tut sich nichts. Offensichtlich reicht die Energie nicht aus.
Beim zweiten Versuch beschleunigt Nico deutlich vehementer und der Landy kommt frei.
Jetzt ist deutlich zu sehen weshalb Stefan aus eigener Kraft nicht heraus kam. Der Wagen hatte großflächig aufgesetzt. Vermutlich hätte auch mehr Schwung zum Durchfahren des Schlammlochs nicht gereicht.
Abschluss des Trainings
Das intensive Training lassen wir bei einem kühlen Getränk in der Offiziersmesse ausklingen. Wir sprechen schon mal über mögliche Touren mit unseren tapferen Fahrzeugen. Mal schauen was sich alles umsetzen lässt. Sei es auf eigene Faust oder in der Gruppe. TC-Offroad Trekking hat ein vielfältiges Programm an Touren mit unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden. Da es zahlreiche Anbieter an geführten Offroad Touren gibt wird sich sicherlich etwas passendes für jeden finden.
Mein persönliches Fazit
Mir hat das Training sehr viel an Verständnis und Erfahrung gebracht. Mir sind jedoch auch sehr schnell die Grenzen von Offroad Fahrzeugen klar geworden. Selbst mit Sperren und MT Reifen ist das Fahrzeug unseres Instruktors bei einem auf den ersten Blick eher moderaten Schlammloch steckengeblieben. Wir haben zahlreiche andere Fahrzeuge gesehen, die aus dem Morast gezogen werden mussten.
Respektvoller Umgang mit den Hindernissen der Natur sind unabdingbar. Respektvoller Umgang mit dem Material und den möglicherweise auftretenden Kräften sind ebenfalls unabdingbar.
Auf jeden Fall hat es mir sehr viel Spaß und Appetit auf schöne Reisen mit dem Landy gemacht.
Reinigung des Defender
Nach dem Durchfahren der Schlammlöcher sind die Alufelgen als solche nicht mehr zu erkennen. Stoßstange, Kühlergrill und Seiten des Fahrzeugs sehen ziemlich bekleckert aus.
Gleich nach meiner Rückreise habe ich noch am selben Abend in Düsseldorf die Shell Tankstelle an der Münchener Straße angesteuert. Die Waschstraße erlaubt Fahrzeuge mit einer Breite von 2,35 Metern und einer Höhe von bis zu 2,60 Metern. Da passt der Landy locker rein.
Bevor es in die Waschstraße geht reinige ich das Fahrzeug sorgfältig mit dem Hochdruckreiniger. Ich denke an Stefans Hinweis den Strahl des Hochdruckreiniges nie direkt auf den Kühler zu halten um die Lamellen nicht zu beschädigen.
Selbst nach Einwurf von 5 Eurostücken erscheint mir in den Radkästen noch nicht alles vom Schlamm befreit.
Nach der anschließenden Plus Wäsche der Waschstraße sieht der Landy wieder Straßentauglich aus. Jedes Wochenende möchte ich diese Reinigungsorgie auch nicht vornehmen müssen.
Hier auch noch ein Foto eines Fahrzeugs aus den Niederlanden. Der Fahrer hatte sein Fahrzeug mehrfach in tiefe Schlammlöcher gefahren. Ich frage mich wie lange bei diesem Fahrzeug die Reinigung dauern mag.
Tolle Zusammenfassung, Wolf!
Super Bericht! Das war schon ein toller Tag…
[…] Genau das richtige Event um mit dem Defender abseits befestigter Straßen Erfahrung zu sammeln. Das Offroad Training für Einsteiger in Fürstenau liegt mittlerweile auch schon wieder einige Zeit […]